Aller Anfang ist schwer

RWE vs. TSV 1860 (1:1) am 01.08.2025, Text: Don Promillo, Bilder: Sandra Cremer

Endlich, endlich war es soweit. Der Tag des Saisonbeginns war gekommen, nach einer schier endlos langen Sommerpause. Unsere Löwen mussten gleich mal auswärts ran und einen der längeren Anfahrtswege hinter sich bringen. Das Reiseziel hieß Hafenstraße 97a in Essen. Mehr Ruhrpott geht kaum. Traditionsduell von zwei ehemaligen Deutschen Meistern, Freitagspiel, Flutlicht, ausverkaufte Hütte.

Sportlich hat sich zuletzt ja einiges getan bei Sechzig, die Rückkehr verlorener Söhne wie Jakob, Niederlechner und Volland, aber auch interessante Typen wie Voet, Pfeifer, Steinkötter oder Haugen und nicht zuletzt die Vorbereitung mit guten Ergebnissen und einem satten Torverhältnis von 47-1 Treffern nährten stetig die Euphorie der Fans. Daran konnte auch das zwischenzeitliche Störfeuer mit dem geplatzten Verkaufs-Deal von Mr. Hasan nichts ändern und daher, soviel kann schon verraten werden, war auch das berühmt-berüchtigte Scheichlied im Block immer noch aktuell.

Also ging es am Freitagmittag los, drei Hauptstadtlöwen machten sich auf den Weg mit der geliebten Deutschen Bahn. War ganz schön was los im Zug, da auch die Hertha in den Pott musste, um auf Schalke ihrerseits die Saison zu eröffnen. Zielsicher steuerten wir das Bordrestaurant an, um uns dort mit edlem Gebräu verköstigen zu lassen. Starnberger Hell aus der Flasche, denn angeblich haben wir ja „keine Kultur“, zumindest nach Ansicht der Restaurantchefin. Mei, wir sind halt Flaschenkinder. Dennoch haben wir uns mit dem Personal blendend verstanden, liebe Grüße an dieser Stelle.

Pünktlich (!!) in Essen angekommen, schnell im Hotel eingecheckt, gabelten wir dann noch Rike auf, eine alte Bekannte des Autors aus wilden Berliner Feierzeiten, um dann schnurstracks Richtung Stadion aufzubrechen. Nach anfänglichem Rumgesuche am Hauptbahnhof, fanden wir schließlich auch die Shuttlebusse zur Hafenstraße. Die Fahrt zog sich ganz schön hin, der Bierdurscht wurde allmählich unerträglich. Vom Bock auf Fußball, Stadion, Feierei und Tumult ganz zu schweigen. Dafür ging es am Einlass dann wirklich sehr schnell, human und unkompliziert, was in Essen ja bekanntlich nicht unbedingt so sein muss. Das war auch gut so, weil uns erstmal ein gewaltiger Platzregen in Empfang nahm. Schnell unters Stadiondach und erstmal eine Halbe weggeext. Stauder heißt die gängige Essener Biermarke, geschmeckt hat‘s eher nicht, aber wer nicht verdurschten will… hier galt eindeutig: Gesundheit geht vor Geschmack. Dafür war die Stadionwurscht wirklich lecker, prall und heiß.

Heiß waren wir natürlich ebenso, und zwar auf das bevorstehende Spiel. Schon beim Einlaufen der Mannschaft ging es derb laut zur Sache, obwohl die Fanszene noch gar nicht da war. Die steckten noch im Stau und kamen quasi erst mit dem Anpfiff ins Stadion.

Nun rollte also endlich der Ball, die Löwen versuchten das Spiel zu kontrollieren und hatten mehr Ballbesitz, während Essen auf Konter lauerte. Leider geriet man früh in Rückstand. Rios Alonso konnte schon nach 6 Minuten nach einem schwach geklärten ersten Ball und einer abgefälschten Flanke irgendwie einköpfen. Scheena Scheiß, alles wie immer, mochte manch einer denken. Aber die Löwen kämpften sich ins Spiel und kamen auch zu guten Chancen, hatten aber immer wieder mal Probleme mit dem schnellen Umschaltspiel der Essener. Nach einem langen Ball der Essener, bei dem unsere Löwenmähne Verlaat mal wieder sauschlecht verteidigt, hätte Safi bereits auf 2-0 stellen können. Gottseidank haute der aber im entscheidenden Moment daneben.

Auch die beiden Fanlager gaben es sich ordentlich. Während die Essener u.a. ein Spruchband mit der Aufschrift NICHT MAL HURENSÖHNE VERDIENEN EINEN ISMAIK zeigten, antworteten die Löwen lautstark mit ROTWEISS ESSEN, FICKEN UND VERGESSEN. Nach all diesen flächendeckenden Beleidigungen und spielerisch auf Augenhöhe ging es dann mit 0-1 in die Pause. In Halbzeit 2 dominierten dann eher die Löwen und erspielten sich nach einem Zuckerpass von Dulic auf Niederlechner den verdienten Ausgleich. Gefühlt 100-mal nahm er diesen einen Laufweg und beim 101. Mal hat es dann endlich geklappt, ein traumhafter Heber über den verdutzten Torwart Wienand (es war natürlich ganz klar kein Abseits!). Im Löwenblock brachen nun alle Dämme und das totale Chaos aus. Herrlich! Essen antwortete eher mit dem einen oder anderen derben Foul und hatte bereits vor dem Ausgleich richtig viel Glück, dass sie mit 11 Mann zu Ende spielen konnten. Nach einer endlos langen Nachspielzeit, in der Essen nochmal heftig drückte und dem Autor den Angstschweiß aus allen Poren drückte, war dann endlich Schluss. Ein leistungsgerechtes Unentschieden nach einem in Summe wirklich guten Fußballspiel könnte man sagen. Es ist aber definitiv noch Luft nach oben bei Sechzig, vor allem muss das Spiel nach vorne noch zielstrebiger und schneller werden. Auch über Standards kann schon noch einiges mehr gehen. Aber in Essen werden noch viele Teams Punkte lassen oder anders gesagt: in Essen musst du erstmal was holen. Das wurde dann nach dem Spiel noch lässig mit den üblichen Verdächtigen bei einem weiteren Hopfentrunk gefeiert. Liebe Grüße an Eva und Peter an dieser Stelle.

Nach einigem Hin und Her bezüglich Shuttlebusse (angeblich waren alle schon abgefahren) und diversen durchprobierten Taxinummern, kreuzte doch noch ein Bus auf, der die letzten Löwenreste zum Hauptbahnhof karrte. Mit einem gemeinsamen Abendessen und einigen Halben endete schließlich der Spieltag im Hotelbett ohne Kneipentour. Wir waren nämlich alle ganz schön im Arsch. Ja, aller Anfang ist schwer, auch für Löwen.

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